Unsere Position erschienen in Ausgabe 2/2022
8 Forderungen für mehr Nachhaltigkeit am Bau
1. Der Grundsatz der Nachhaltigkeit muss Basis eines jeden Bauprojektes sein.
Nachhaltigkeit beinhaltet die drei Säulen: Ökologie, Ökonomie und Soziales.
Diese Aspekte sind bereits im Planungsstadium und über alle Lebenszyklusphasen von Gebäuden zu berücksichtigen. Bei der Ökologie der eingesetzten Materialien, Bauteile und Bauweisen ist darauf zu achten, dass sie unbedenklich, recycel- oder wiederverwendbar sind. Wertstabile Gebäude und der ökonomische Umgang mit Ressourcen wie Arbeitskraft, Materialien, Flächen usw. sind weitere Kriterien für die Nachhaltigkeit. Unter dem sozialen Aspekt soll unter anderem bezahlbarer Wohnraum und ein gesundes Wohn- und Arbeitsklima in Gebäuden geschaffen werden. Regional gewonnene Rohstoffe werden für regional produzierte Baustoffe verwendet, womit beispielsweise ein Teil der im Gebäude verbauten grauen Energie kompensiert wird.
2. Quartiere müssen multifunktional gestaltet werden.
Damit Quartiere gegen äußere Einflüsse resilient sind, müssen sie möglichst viele Bereiche des Lebens der Bewohner abdecken und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Stadt der kurzen Wege, die Wohnen, Arbeiten, Klima- und Naturschutz, Freizeit und Erholung vereint.
3. Städte müssen auf Klimaresilienz überprüft werden.
Der Klimawandel führt verstärkt zu Starkregen und Überflutungen, auch abseits von Flüssen. Quartiere, die Wasser aufnehmen, speichern und ableiten können, sind deutlich besser gegen Schäden durch Wetterkapriolen geschützt.
Grünflächen, Regenwassernutzung und -versickerung tragen dazu bei, unsere Städte lebenswerter und klimaresilienter zu gestalten. Das Entsiegeln von befestigten Flächen, die Verwendung von versickerungsfähigem Pflaster, das Schaffen von Möglichkeiten zur Rückhaltung und Versickerung von anfallendem Regenwasser können zu einer Entlastung der Kanäle beitragen, womit eine Reduzierung des Überflutungsrisikos einhergeht. Gleichzeitig erhöhen diese Maßnahmen die Aufenthaltsqualität, fördern die Biodiversität und verbessern das Mikroklima.
4. Verfügbares Bauland muss optimal genutzt werden.
Auf den Grundsatz des flächensparenden Bauens ist bei Neubauten zu achten. Unabhängig von den Bodenverhältnissen ist generell der Bau eines Kellers zur Erhöhung der Flächeneffizienz realisierbar. Dieser kann auf unterschiedlichste Art genutzt werden. Neben hochwertigen Nutzungsmöglichkeiten als Büro, Wohn- oder Freizeitraum können auch Abstellmöglichkeiten, Technikräume, Tiefgaragen etc. entstehen, ohne zusätzlichen Boden zu versiegeln.
5. Gebäude müssen klimaresilient geplant werden.
Die Gebäude selbst sind abhängig vom prognostizierten Risiko für Regen, Sturzfluten, Sturm, Schneelagen usw. individuell zu schützen. Hierzu zählen unter anderem wasserdichte Keller, sichere Lichtschächte und der Einsatz von Zisternen. Darüber hinaus sind Gebäude gegen Sturm und Hagel zu sichern.
Der Anstieg der globalen Temperaturen erfordert eine energieeffiziente Gebäudekühlung, zum Beispiel basierend auf Gebäude- und Dachbegrünung, Bauteilaktivierung sowie erneuerbaren Energien.
6. Grundrisse müssen variabel geplant und dadurch flexibel genutzt werden können.
Für die nachhaltige Nutzung von Immobilien sind die Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit des Tragwerkes von großer Bedeutung. Hierfür soll eine Anpassung an geänderte Nutzungsanforderungen, zum Beispiel von Gewerbe- auf Wohnnutzung, mit möglichst geringen Kosten und Ressourcenverbrauch realisierbar sein.
7. Bei Bestandsgebäuden muss eine differenzierte Abwägung zwischen Erhalt und Ersatzneubau erfolgen.
Die Sanierung von Bestandsgebäuden ist in sehr vielen Fällen möglich und oft deutlich ressourcenschonender als Abriss und Neubau.
Bei der Betrachtung von Bestandsgebäuden kann aber auch der sogenannte „Ersatzneubau“ mit einem langlebigen, robusten und flexiblen Neubau eine nachhaltige Lösung sein. Vor allem dann, wenn sich bei der Abwägung vom Verhältnis zwischen Ressourceneinsatz und erreichbarer Bauwerksqualität ein Neubau als günstiger erweist als Sanierung und Umbau.
8. Beim Rückbau von Gebäuden müssen die Bauteile und Baustoffe konsequent recycelt und wiederverwendet werden.
Im Falle eines Rückbaus ist dieser so zu planen, zu organisieren und durchzuführen, dass möglichst alle Bauteile und Materialien getrennt werden und im Kreislauf bleiben. Dies bedeutet Ressourcenschonung: weniger Deponierung, weniger CO2-Ausstoß durch Verbrennung und weniger Bedarf von neuen Bau- und Rohstoffen.
Autoren: Alice Becke und Diana Krüger
