Umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur
Abwasserkanal macht Platz für die neue U-Bahnstrecke









Projekt: Kanalbauarbeiten im Rahmen der Verlängerung der U5 nach Pasing
Bauherr: Münchner Stadtentwässerung (MSE), München, Landeshauptstadt München
Planung Kanalbau: Ing. Büro Arnold Consult
Bauunternehmung: ARGE U5 LOS 1 (AUGUST REINERS Bauunternehmung GmbH, Berger Bau SE, Berger Grundbautechnik GmbH)
Nachunternehmer: Geiger Netzbau GmbH, München
Betonfertigteilwerk: Johann Bartlechner KG, Garching an der Alz (Haba-Beton)
Bauzeit: September 2022 bis Sommer 2024
Die Landeshauptstadt München wächst weiter. Nach den Ergebnissen der neuen Bevölkerungsprognose rechnet man mit 1,81 Mio. Menschen bis zum Jahr 2040 in München. Neben dem dringend benötigten Wohnraum ist auch die Infrastruktur entsprechend so anzupassen, dass sich die Menschen in der Metropole möglichst umweltfreundlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen können. Deshalb wird die U-Bahn Linie 5 vom Laimer Platz nach Pasing verlängert. Auf etwa 3,8 km Länge entstehen Anfang der 2030er Jahre die neuen Bahnhöfe Willibaldplatz, Am Knie und Pasing.
In den beidseitig dicht bebauten Straßen mit allerhand Ver- und Entsorgungsleitungen Platz für eine neue U-Bahn zu schaffen, gleicht einer Mammutaufgabe und gestaltet sich als echte Herausforderung, wie die Bauleiter Sebastian Jacobs (MSE) und Krystian Trybus (Geiger Netzbau) bei einer Baustellenbegehung betonten.
Kanalbauarbeiten im Rahmen des U-Bahnneubaus
Der U-Bahn-Streckenverlauf entlang der Gotthardstraße wird in Schlitzwand-Deckelbauweise hergestellt. Bedingt durch diese Bauweise müssen alle im Baufeld befindlichen Sparten, auch die Abwasserkanäle, sowohl bauzeitlich als auch größtenteils in Endlage aus dem U-Bahnbereich herausgelegt werden. Entlang der Strecke befindet sich eine Vielzahl von Mischwasserkanälen aus Beton.
Diese müssen, vor dem eigentlichen Bau der U-Bahn, südlich und nördlich in teils sehr beengte
Baufelder zwischen dem neuen U-Bahnbauwerk und der bestehenden Bebauung umverlegt werden. So rückt der neu zu bauende Mischwasserkanal aus Betonfertigteilen bis 1,40 m an die bestehenden Gebäude heran. Die direkt angrenzenden Gebäude mussten zum Teil unterfangen werden, wozu eine Zementsuspension mit circa 400 bar Druck unter den Gebäuden eingebracht wurde. Dadurch, aber auch durch die präventive Druckminderung der Trinkwasserleitung DN 400 wird deutlich, wie rar der Platz ist, um die notwendige Infrastruktur wie U-Bahn, Abwasserleitungen, Wasserleitungen, Stromleitungen und Telekommunikationsleitungen unterzubringen.
Die Münchner Stadtentwässerung (MSE) ist als Eigentümerin und Betreiberin der Abwasserkanäle für die Fachplanung und Durchführung der gesamten Kanalbaumaßnahmen verantwortlich. Mit der konkreten Entwurfs- und Ausführungsplanung wurde bereits im Jahr 2018 begonnen. Die komplexen Umstände dieser Baumaßnahme machten eine differenzierte und aufwändige Planung notwendig. Beispielsweise muss der Bus-, Auto-, Fahrrad- und Fußgängerverkehr während der gesamten Baumaßnahme aufrechterhalten werden. Auch die Abwasserleitungen, an die alle Anlieger und auch Seitenstraßen angeschlossen sind, müssen permanent in Betrieb bleiben. Teilweise können Kanalumschlüsse erst endgültig hergestellt werden, nachdem das U-Bahnbauwerk errichtet worden ist. Denn der neue Abwasserkanal quert in Teilbereichen das U-Bahnbauwerk über der noch zu errichtenden Tunneldecke. Dies macht es erforderlich, dass während der Bauphase zeitweise sogar zwei Abwassersysteme gleichzeitig in Betrieb sind und zahlreiche Provisorien eingerichtet werden müssen. Die Provisorien selbst weisen Dimensionen bis zu einem Durchmesser von 800 mm auf und sind teilweise sogar als Dükerbauwerke ausgebildet, um die Vorflut auch während der Bauarbeiten sicher zu stellen. Für die Kanalbauarbeiten vom Laimer Platz bis zur Willibaldstraße sind circa 20 Monate Bauzeit veranschlagt. Gebaut wird in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Baufortschritt des U-Bahn-Baus sowie in Abhängigkeit von der Verkehrsführung in verschiedenen Teilabschnitten.
Vorgefertigte Betonkanäle
Der größte Teil der Rohre und Schächte werden als vorgefertigte Betonbauteile hergestellt, auf die Baustelle geliefert und dort verbaut. Auch die meisten Radien werden als Betonrohre im Werk hergestellt. Einen geringen Anteil bilden in Ortbetonbauweise hergestellte Rohrabschnitte und Schächte, die eingepasst und deshalb vor Ort betoniert werden müssen. Sind Krümmer in einer Haltung eingeplant, so werden diese hergestellt, indem Betonrohre in
Segmente geschnitten und anschließend als Krümmer im Werk verklebt werden.
Im Zuge des Bauvorhabens werden unter anderem folgende Kanäle und Bauwerke neu hergestellt:
- circa 660 m Betonfertigteilkanäle ÜE 600/1100 in offener Bauweise
- circa 84 m Ortbetonkanal ÜE 600/1100 in offener Bauweise
- circa 1.100 m Rohrkanal DN 300 in offener Bauweise
- 12 Betonfertigteilschächte DN 1000
- 48 Betonfertigteilschächte DN 1200
- 49 Hausanschlussleitungen
- Verlegung und Umschluss der Straßen- und Hausentwässerungen
- Abbruch beziehungsweise Verdämmung der zu ersetzenden Bestandkanäle
Die Vorteile von im Werk vorgefertigten Betonkanälen und -schächten liegen auf der Hand:
- Maßgenaue Fertigung und konstante Qualität der Rohre und Schächte.
- Ressourcenschonende Produktion und weniger Abfälle.
- Zeit- und Kostenreduktion durch Produktion in witterungsgeschützten Hallen.
Dabei sind Betonrohre und -schächte aus ökologischer Sicht positiv einzustufen, da Beton mit seinen natürlichen Bestandteilen Sand, Kies/Splitt, Wasser und Zement ein klima- und umweltgerechtes Bauen ermöglicht, eine lange Lebensdauer hat und vollständig recycelbar ist.
Mit der Produktion der Betonrohre und Betonschächte wurde die Johann Bartlechner KG (Haba-
Beton) aus Garching an der Alz beauftragt. Damit sind nicht nur kurze Lieferwege sichergestellt, sondern auch eine flexible Reaktion auf die Baustellenbedürfnisse möglich.
Die Betonrohre werden als Profil „Überhöhtes Eiprofil“ (ÜE) im Durchmesser 600/1.100 mm mit einer Betonqualität C 60/75 hergestellt, ebenso wie die Betonfertigteilschächte. Konstruktionsbedingt hat sich der Auftraggeber für eine Sohle ohne die sonst üblichen Steinzeughalbschalen entschieden und setzt stattdessen auf eine höhere Betonqualität.
Der neue Kanal wird in einer Tiefe von 3,50 m unter Geländeoberkante (GOK) bis zu 5,50 m unter GOK in Haltungslängen von 3,20 m bis 56 m verlegt. Materialwechsel, die beim Bauen im Bestand durchaus vorkommen, werden, soweit möglich, in den Schächten realisiert. Hierfür werden die Anschlüsse bereits bei der Schachtfertigung im Werk berücksichtigt. Hausanschlüsse, die innerhalb der Haltung auf den Hauptkanal treffen, werden durch eine Kernbohrung in die Betonrohre sauber und dicht angeschlossen.
Nachhaltige Stadtentwicklung
Stadtbilder werden sich zukünftig verändern, um sich sowohl an die klimatischen Veränderungen, sowie auch an die Bedürfnisse der Bewohner:innen anzupassen. Mit dem Neubau des Streckenabschnittes U5 vom Laimer Platz nach Pasing in München entsteht eine dringend notwendige Erweiterung des ÖPNV. Dabei wird neben dem U-Bahn-Neubau auch die Straße mit Fahrflächen für Autos, Radfahrer, Gehwege und Grünflächen sowie die Abwasserkanalisation in diesem Bereich auf den neusten Stand gebracht.
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