Erlenhöfe in Jena
Schneller am Ziel mit serieller Bauweise


Projekt: Erlenhöfe in Jena
Bauherr: Wohnungsgenossenschaft „Carl Zeiss“ eG, Jena
Planung und Fertigteile: GOLDBECK Ost GmbH, Niederlassung Thüringen/Erfurt
Nutzfläche: 24.000 m²
Bruttogeschossfläche: 25.700 m²
Wohnfläche: 13.530 m²
Anzahl Wohneinheiten: 140
Bauzeit: 08/2021 – 12/2024
Bezahlbarer Wohnraum ist in vielen deutschen Städten knapp – auch in Jena. Während die Universitätsstadt wächst, steigen die Mieten seit Jahren stetig. Besonders Familien und Menschen mit geringerem Einkommen haben es schwer, passende Wohnungen zu finden. Vor diesem Hintergrund entstand mit den Erlenhöfen in Jena-Ost eines der größten sozialen Wohnungsbauprojekte Thüringens. Das Quartier verbindet serielle Bauweise mit einem klaren sozialen und ökologischen Anspruch – und gibt damit Impulse für die bundesweite Debatte über den Wohnungsbau der Zukunft.
Innovative Wege schon in der Vergabe von Bauprojekten
Die Stadt Jena betrat bereits 2019 im Vergabeverfahren des 15.500 qm großen Baufeldes neue Wege: Statt dem Höchstbietenden erhielt die Wohnungsgenossenschaft „Carl Zeiss“ eG den Zuschlag, deren innovatives Konzept sowohl städtebaulich als auch ökologisch herausragte. Darüber hinaus punktet das Vorhaben durch zahlreiche Sozialwohnungen, wodurch es für die Jury als beispielhaftes Modell für integrierte Stadtentwicklung galt.
Bereits in der Konzeptionsphase kristallisierte sich heraus, dass ein serielles Bauverfahren wesentliche Vorteile gegenüber konventioneller Bauweise mit sich bringt. „In der heutigen Zeit, in der die Bevölkerung mit stetig steigenden Wohnkosten konfrontiert ist, könnte das serielle Bauen auch eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum spielen. Die Renaissance des seriellen Bauens bietet eine Chance, unter anderem aufgrund seiner wirtschaftlichen und zeitlichen Vorteile, sowohl bezahlbaren als auch qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen, Ressourcen zu schonen und die ökologische Belastung zu minimieren“, sagt Iris Hippauf, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft „Carl Zeiss“ eG.
Serielle Bauweise als effiziente Lösung
Die Entscheidung, den Neubau in serieller Bauweise auszuführen, ermöglichte bereits bei der Errichtung des Quartiers, Ressourcen klüger zu nutzen, die Bauzeit erheblich zu verkürzen und damit Kosten zu reduzieren. Wichtig war der Genossenschaft, trotzdem einen hohen Wohnstandard zu halten und den ökologischen Fußabdruck des Bauvorhabens von Beginn an zu verringern. Gedacht ist sogar bis zum Rückbau: „Sollte dieser nötig sein, könnten die Elemente aufbereitet und in Teilen neu verbaut werden“, so Henry Götze, Abteilungsleiter Technik der Wohnungsgenossenschaft „Carl Zeiss“ eG.
Optimierung durch „Just-in-time“-Prinzip
Die Betonfertigteile und Raummodule lieferte die Goldbeck OST GmbH. Produziert wird wurde vom standardisierten Bauelement wie Decken, Wände und Treppen bis hin zur gesamten „Badezelle“ mit entsprechender Vorinstallation im Werk und nach dem „Just-in-time-Prinzip“ verbaut, erklärt Götze weiter. Im Bauwesen zielt dieses Prinzip darauf ab, Materialien und Ressourcen genau dann bereitzustellen, wenn sie benötigt werden, um Verbrauch zu minimieren und die Effizienz zu maximieren. So musste zum Beispiel deutlich weniger Fläche für Baustelleneinrichtung und Lagerung vorgehalten werden. Dafür liegt der Fokus auf einer ausgefeilten Bauzeitenplanung und in der Logistik. Der Bauprozess muss sorgfältig geplant werden, damit jede Phase nahtlos in die nächste übergeht.
Zeitvorteile durch Vorfertigung
Zum Beispiel erfolgte die Fertigung und der Innenausbau der Fertigbäder inklusive Schachtregister im Werk. Auf der Baustelle dauerte die Aufstellung und Ausrichtung eines Bades mit Schachtregister während der Rohbauerstellung etwa 1-1,5 Stunden. Das Anschließen der Bäder an die Schachtregister und die Verbindung untereinander wird im weiteren Bauprozess durchgeführt. Damit sind, bis auf Schachtverkleidungen, keine weiteren Trockenbauarbeiten, Abdichtungs-, Fliesen- und Malerarbeiten, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie Lüftungsinstallationen für die Bäder mehr notwendig.
„Wir als Genossenschaft legen großen Wert auf soziales Miteinander sowie Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Ressourcenschonung beginnt für uns bei der Errichtung, weshalb wir uns für das serielle Bauverfahren entschieden haben“, sagt Iris Hippauf, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft „Carl Zeiss“ eG.
Multifunktionale Dächer und autarke Energieversorgung
In diesem zukunftsweisenden Wohnprojekt werden die Dächer multifunktional genutzt: Sie kombinieren Dachbegrünung mit Photovoltaikanlagen, was die Effizienz der Anlagen erhöht. Ein externes Biomassekraftwerk sowie ein Blockheizkraftwerk sorgen für eine nahezu autarke Energieversorgung. Redundanzen mit H2-ready-Gaskesseln bieten zusätzliche Sicherheit. Das Blockheizkraftwerk produziert 5.500 Stunden im Jahr Wärme und Strom. Der gewonnene Strom aus Solar und Kraftwerk steht den Bewohnern des Quartiers kostengünstig zur Verfügung.
Ganzheitliches Konzept
Die Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner werden durch eine Mischung aus verschiedenen Familiengrößen und barrierefreien Wohnungen berücksichtigt. Im Wohnquartier „Erlenhöfe“ entstanden 140 Wohnungen, 128 davon mit einer Mietpreisbindung. Die Anfangsmiete beträgt 5,90 € netto kalt pro m² für Sozialwohnungen und bis zu 14 € für freifinanzierte Wohnungen. In Kooperation mit SBW Lebenshilfe entstanden 13 betreute und barrierefreie Wohneinheiten für Menschen mit Teilhabeeinschränkungen – ergänzt durch Gemeinschaftsräume und Begegnungsangebote.
Hochwertige Bauqualität mit wasserabweisendem Putz und wasserundurchlässigen Kellern sorgen für Langlebigkeit und niedrige Instandhaltungskosten. Die Gebäudehülle und Fenster sind hochwärmegedämmt, was Energieverluste um über 40% reduziert. Auch die Außenanlagen sind nachhaltig gestaltet: naturnahe Spielflächen, Blumenwiesen und Pflanzungen für Insekten und Fledermäuse machen die Erlenhöfe zu einem grünen Wohnumfeld. Regenwasserzisternen mit einem Fassungsvermögen von etwa 65.000 Litern tragen zu einer ressourcenschonenden Bewässerung bei. Bei der Wege- und Platzgestaltung kam der sogenannte Klimastein der Rinn Natur- und Betonstein GmbH & Co. KG zum Einsatz – ein innovativer Pflasterstein der 90 % weniger Zement enthält und zu einem hohen Anteil aus Betonrecyclingmaterial besteht. Dadurch konnte die Wohnungsgenossenschaft „Carl Zeiss“ eG beim Bau der Außenanlagen insgesamt 20.466 Kilogramm CO2 einsparen, dies entspricht einem Volumen von etwa 10.233 m³.
Mit Carsharing-Angeboten, 360 Fahrradstellplätzen und E-Mobilitäts-Infrastruktur setzt das Quartier zudem auf eine zukunftsfähige Mobilität.
Modell für die Zukunft
Das Projekt „Erlenhöfe“ markiert in jedem Fall einen Fortschritt in der Wohnungswirtschaft und ist ein Beispiel für einen signifikanten Beitrag zu einer nachhaltigeren und ressourcenschonenden Zukunft. Das serielle Bauverfahren ist dabei aber nur ein Baustein, der neue Impulse im Wohnungsbau setzt. Letztendlich ist es die Kombination aus Innovation, Effizienz, sozialem Anspruch und Nachhaltigkeit, die eine neue Benchmark in der Wohnungswirtschaft schafft.
